Inulin-Dosierung bei ICT: Basalbedarf, BE-Faktor, Korrekturfaktor und Spritz-/Essabstand
Bei der intensivierten konventionellen Therapie (ICT) ist es wichtig, den Basalbedarf, den BE-Faktor und den Korrekturfaktor festzulegen. Diese sind individuell und auch je nach Tageszeit unterschiedlich.
Basalbedarf
Der Basalbedarf legt fest, wieviel Basalinsulin ich pro Tag spritzen muss, um meinen BZ-Spiegel ohne Essensaufnahme auf einem stabilen Niveau zu halten. Aktuell spritze ich 18 Einheiten Basalinsulin pro Tag. Mein Bedarf sank in den letzten Jahren von 22 auf 18 Einheiten, während einer Krankheitsphase waren es zwischenzeitlich auch einmal 24 Einheiten. Dabei gibt es einen Zusammenhang zwischen Bewegung, Körpergewicht und Basalbedarf: Über die letzten Jahre habe ich es geschafft, mich regelmäßiger zu bewegen (aktuell an 5 bis 7 Tagen pro Woche für 20 bis 30 Minuten pro Aktivität). Dabei habe ich auch langsam aber kontinuierlich ca. 5 kg abgenommen. Parallel dazu sank mein Bedarf an Basalinsulin.
Hinweis für erfahrene Diabetiker: Ich nehme meinen Blutzuckerverlauf in der Nacht als Orientierung für den Basalbedarf. Ist der Glukosespiegel gleichbleibend, dann stimmt der festgelegte Basalbedarf. Sinkt der BZ-Spiegel nachts deutlich, dann liegt die Vermutung nahe, dass ich zu viel Basalinsulin gespritzt habe. Steigt der BZ-Spiegel nachts deutlich an, so muss man sich zuerst überlegen, ob man am Abend etwas gegessen hat, was erst langsam resorbiert wird (viel Fett), ansonsten kann man die Basalrate etwas erhöhen und sehen, was dann passiert. Ansonsten kann man auch durch Auslassen von Mahlzeiten tagsüber feststellen, ob die Dosierung des Basalinsulins stimmt.
BE-Faktor für Bolusgaben
Der BE-Faktor gibt an, wie viele Einheiten schnell wirkendes Insulin ich pro BE spritzen muss. Er ist je nach Tageszeit unterschiedlich hoch, bei mir mittags am niedrigsten und abends am höchsten. Ich spritze aktuell morgens 2 Einheiten pro BE, mittags 1,5 Einheiten und abends 2,5 Einheiten. Diese Werte sind individuell verschieden, so wird in den Leitlinien festgestellt: "Die Dosierung des prandialen Insulins erfolgt entsprechend der circadianen Insulinempfindlichkeit, die zumeist morgens am niedrigsten, mittags am höchsten ist und abends zwischen den beiden Genannten liegt". Außerdem wird die Dosierung durch Änderung der Lebensgewohnheiten (z.B. im Winter weniger Bewegung) oder durch Krankheit beeinflusst und muss dann entsprechend angepasst werden.
Korrekturfaktor
Der Korrekturfaktor gibt an, um wie viele mg/dl eine Einheit Insulin den BZ-Wert senkt, wenn dieser zu hoch ist. Das ist für Korrekturen hoher BZ-Werte wichtig und kann auch je nach Tageszeit unterschiedlich sein. Man kann den Korrekturfaktor nach folgender Formel berechnen: 1.500 dividiert durch den Gesamtbedarf (Einheiten) des täglich gespritzten Insulins (Basal- plus schnellwirksames Insulin). Bei mir liegt er bei 30 und ich benötige bei der Korrektur von sehr hohen BZ-Werten (>250 mg/dl) noch etwas mehr schnellwirksames Insulin. Das kann aber individuell unterschiedlich sein.
Spritz-/Essabstand (SEA)
Der Spritz-/Essabstand gibt an, wieviel Minuten ich
das schnellwirkende Insulin vor Einnahme der Mahlzeit spritzen muss, damit ich
eine möglichst flache BZ-Kurve erhalte. Wie bei Corona gilt hier: "Flatten the
curve". Dabei ist die Wirkkurve des verwendeten schnellwirksamen
Insulins von entscheidender Bedeutung. Im Internet kann man die Wirkprofile der
einzelnen Insuline finden. Es gilt: Je schneller das Insulin wirkt, desto
kürzer ist der SEA.
Bei mir spielt zusätzlich die Tageszeit eine
Rolle: Morgens ist der SEA am längsten, abends am kürzesten.
Da das Lyumjev bei mir extrem schnell wirkt, verwende ich morgens einen SEA
von 5 bis 10 Minuten, mittags von 0 Minuten und abends spritze ich mich, wenn
sich mein BZ-Wert vor dem Essen um oder unter 100 mg/dl befindet, erst während
des Essens, da ich sonst einen zu starken Blutzuckerabfall habe und
in eine Hypoglykämie rutsche.
Fazit
Bei der alten konventionellen Therapie (CT) spritzte ich zwei
Mal am Tag Insulin und die Wirkkurve des Insulins beherrschte mein Leben. Ich musste zu
bestimmten Zeiten, nämlich dann, wenn das Insulin stark wirkte, Kohlehydrate zu
mir nehmen (die Hauptmahlzeiten einnehmen) und durfte bei nachlassender Wirkung des Insulins nicht mehr nach
Belieben essen.
Bei einer gut eingestellten intensivierten konventionellen
Therapie (ICT, Basis-Bolus-Therapie) beherrsche ich das Insulin: Ich kann auch einmal einen ganzen Tag
lang fasten oder zwischendurch, wenn ich Lust auf Essen habe, mehr als sonst
essen und kann dies dann mit einer entsprechenden Bolusgabe abdecken. Es eröffnet sich somit die
Möglichkeit einer total freien Tagesplanung. Welch ein Fortschritt!