Statistik-Crashkurs für CGM-Nutzer
Bei der Diabetestherapie, insbesondere bei der Nutzung eines Sensors (CGM),
fallen eine Menge Daten an, die in den Apps (Dexcom Clarity) dann ausgewertet
und mit statistischen Kennwerten dargestellt werden.
Statistische Standardangaben und leicht zu verstehen sind dabei Minimum (Min,
der kleinste gemessene Wert) und Maximum (Max, der größte
gemessene Wert).
Wichtiger und etwas komplizierter sind
aber die durchschnittlichen Werte (Lageparameter, die das Zentrum der
Verteilung beschreiben) und die zu diesen Durchschnitten passenden
Streuungsmaße, die wiedergeben, wie weit die Einzelwerte von dem
Durchschnittswert entfernt liegen (streuen).
Die gebräuchlichsten
Durchschnittswerte sind dabei der arithmetische Mittelwert mit der
Standardabweichung als dazugehörigem Streuungsmaß und der Median (Zentralwert) mit dem
Interquartilsabstand als Streuungsmaß.
arithmetischer Mittelwert (x̅)
Der arithmetische Mittelwert (kurz: Mittelwert, ugs.: Durchschnitt (-swert)) errechnet sich, indem man die Summe der Einzelwerte (hier z.B. Glukosewerte) durch deren Anzahl dividiert.
Beispiel: 220, 100, 130,
110, 90 mg/dl (5 Werte)
Summe der Werte: 220 + 100 + 130 + 110 + 90 = 650
Mittelwert (Summe
der Werte
dividiert durch Anzahl der Werte): 650 ÷ 5 = 130 mg/dl
Median (Zentralwert)
Beim Median (Zentralwert) muss man zuerst die Werte der Urliste nach ihrer Größe ordnen. Bei der sortierten Liste ist der Median der Wert, der genau in der Mitte liegt. Bei einer geraden Anzahl von Werten ist der Median der Durchschnitt (die Hälfte) der beiden Werte, die in der Mitte liegen.
Beispiel Urliste: 220, 100, 130, 110, 90 mg/dl
geordnete Liste: 90, 100,
110, 130, 220 mg/dl
Median (Zentralwert): 110 mg/dl
Unterschiede Mittelwert - Median
In dem hier verwendeten Zahlenbeispiel liegt der Median bei 110 mg/dl und weicht vom Mittelwert (130 mg/dl) nach unten ab. Das ist bei Glukosewerten nicht verwunderlich: Bei einem Zielbereich von 70-180 mg/dl hat der Glukosewert nach unten (linke Seite) kaum einen Spielraum für Extremwerte (ab 40 mg/dl wird es für den Diabetiker kritisch), während nach oben (rechte Seite) viel Platz ist. Es kommen auch Werte über 300 mg/dl vor. Die Verteilungskurve steigt somit auf der linken Seite steil an, während sie auf der rechten Seite langsam abfällt. Es handelt sich also um eine schiefe Verteilung (Fachbegriff: rechtsschiefe bzw. linkssteile Verteilung). Während bei einer symmetrischen Verteilung die verschiedenen Mittelwerte (nahezu) identisch sind, gilt bei einer rechtsschiefen Verteilung: Modus (am häufigsten vorkommender Wert) < Median (Zentralwert) < arithmetisches Mittel.
Standardabweichung
"Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streubreite der Werte eines
Merkmals rund um dessen Mittelwert (arithmetisches Mittel). Vereinfacht
gesagt, ist die Standardabweichung die durchschnittliche Entfernung aller
gemessenen Ausprägungen eines Merkmals vom Durchschnitt. ... Die Berechnung
der Standardabweichung erfolgt über die Quadratwurzel der Varianz. ... Die
Standardabweichung besitzt immer die gleiche Maßeinheit wie das zu
untersuchende Merkmal. Dadurch ist im Vergleich zur Varianz eine
Interpretation einfacher. Eine kleinere Standardabweichung gibt in der Regel
an, dass die gemessenen Ausprägungen eines Merkmals eher enger um den
Mittelwert liegen, eine größere Standardabweichung gibt eine stärkere Streuung
an. Für normalverteilte Merkmale gilt die Faustformel, dass innerhalb der
Entfernung einer Standardabweichung nach oben und unten vom Mittelwert rund 68
Prozent alle Antwortwerte liegen. Im Umkreis von zwei Standardabweichungen
sind es rund 95 Prozent aller Werte." (Quelle:
externer Link
). Da ich es nicht besser formulieren kann, lasse ich das Zitat einfach so
stehen. Ziel in der Diabetestherapie ist es natürlich die Standardabweichung
(Streubreite der Glukosemesswerte) so klein wie möglich zu halten.
Wer weitere Details zur Berechnung wissen möchte, erhält hier noch die
Definition von Varianz (Quelle ebenfalls statista.com): "Die Varianz ist ein
Streuungsmaß, welches die Verteilung von Werten um den Mittelwert
kennzeichnet. ... Berechnet wird die
Varianz, indem die Summe der quadrierten Abweichungen aller Messwerte vom
arithmetischen Mittel durch die Anzahl der Messwerte dividiert wird."
IQR (interquartile range, dt. IQA Interquartilsabstand)
In einem Quartil (Viertel) liegen jeweils 25% der nach Größe geordneten
Messwerte. Dabei bezeichnet man als unteres Quartil die 25% der Messwerte, die
unterhalb, und als oberes Quartil die 25%, die oberhalb des Medians liegen.
Unteres und oberes Quartil zusammen ergeben den Interquartilsabstand (50% der
Messwerte, die beidseits des Medians liegen). Der Interquartilsabstand ist das
am wenigsten für Ausreißer (Extremwerte) anfällige Streuungsmaß.
Bei den
Dexcom Clarity-Auswertungen zu den einzelnen Wochentagen und zu den einzelnen Stunden
ist neben dem Medianwert die untere Grenze des unteren Quartils (Quartil 25)
und die obere Grenze des oberen Quartils (Quartil 75) angegeben. Die Differenz
zwischen "Quartil 75" und "Quartil 25" ergibt den Interquartilsabstand (IQR).
Bei der AGP-Statistik (Ambulatory Glucose Profile, ambulantes Glukoseprofil)
sind in der Grafik das untere (25%) und obere Quartil (75%) farblich abgesetzt und
zusätzlich noch der Bereich eingezeichnet, in dem 90% aller Messwerte liegen
(5% ... 95%-Perzentile). Es werden dabei nur die Ausreißer (5% der niedrigsten und 5%
der höchsten Werte) außer Acht gelassen.